Weltraummüll

An einem frühen Morgen des 5. Oktober 1957 wurde vor 74 Jahren auf dem geheimen “Forschungs- und Versuchsgelände Nummer 5” in der Kasachensteppe (heute Baikonur) Sputnik 1, der erste künstliche Satellit der Menschheit, ins All geschickt. [1]

Auf Sputnik 1 folgten viele weitere Satelliten, welche der Menschheit die Grundlage für die heutige nationale und internationale Kommunikation, Daten zur Navigation und Wetterdaten ermöglichten. [2]  Mittlerweile beläuft sich die Zahl auf ca. 600 Satelliten, die pro Jahr ins All geschossen werden. Diese große Zahl an Weltraumtrümmern bedeutet eine große Gefahr für die Zukunft der Aktivitäten und Sicherheiten im All. [3]

Entstehung der Idee zur Weltraummüll-Aufräumaktion 

Neben hunderten Satelliten umkreisen Millionen Fragmente verschiedenster Größenordnung die Erde, die allgemein als Weltraummüll bezeichnet werden. Daher entstand die Idee zur Weltraum-Aufräumaktion, ausgehend von der European Space Agency (ESA), in Zusammenarbeit mit einigen Gründungsmitgliedern von ClearSpace am Raumfahrtzentrum der EPFEL (École polytechnique fédérale de Lausanne- Hochschule mit Schwerpunkt Lehre, Forschung und Innovation) nach dem Start des SwissCube Satelliten im Jahr 2009. Ein internationales Team aus den Bereichen Wissenschaft und Forschung (EPFEL, MIT), Agenturen (ESA, Nasa/JPL und DLR) und wichtigen Hauptintegratoren (Airbus, Thales, Ruag, SSTL und andere) vereinte sich unter dem Projektnamen ‚Clear Space‘, um gemeinsam das Problem des Weltraummülls zu bekämpfen. [4]


Das Schweizer Unternehmen ClearSpace wurde somit dazu beauftragt, erstmals in der Geschichte den Trümmermüll aus dem Weltraum zu holen. Geplant ist die erste Mission für Anfang 2025 – ein 112 Kilogramm schwerer Satellit soll mit Hilfe eines Roboters aus dem All entfernt werden. Doch ClearSpace möchte nicht nur den Weltraummüll entfernen, sondern auch demonstrieren, welche Technologien in der Zukunft für die kommerzielle Trümmermüllentsorgung nötig wären. [5]

Clear Space Weltraummüll Entsorgungsroboter
© ClearSpace

“Stellen Sie sich vor, wie gefährlich das Segeln auf hoher See wäre, wenn alle Schiffe, die in der Geschichte jemals verloren gegangen sind, immer noch auf dem Wasser treiben würden. Das ist die aktuelle Situation im Orbit, und es darf so nicht weitergehen. Die Mitgliedstaaten der ESA haben diese neue Mission, die auch den Weg zu wesentlichen neuen kommerziellen Dienstleistungen in der Zukunft weist, nachdrücklich unterstützt“, sagt ESA-Generaldirektor Jan Wörner. [6]

Luc Piguet, CEO und Gründer von ClearSpace, ist überzeugt: „ClearSpace-1 ist mehr als eine bahnbrechende Mission und eine hochwirksame technische Errungenschaft. Es ist der erste Meilenstein auf dem Weg zu einem zukünftigen Service zur Beseitigung von Weltraummüll zu erschwinglichen Kosten.“ [7]


Gefahren des Weltraummülls

© ClearSpace

Die folgende Animation zeigt Weltraumobjekte in verschiedenen Größen auf. Alle Objekte, welche größer als 10cm sind, werden im US Space Surveillance Catalogue durch den ‚U.S Strategic Command‘ erfasst. Alle Objekte, welche kleiner als 10cm sind, werden durch ein statistisches Model der ESA erfasst. Dabei beläuft sich die Zahl der Weltraumobjekte im Orbit (bis zu 2000km über der Erdoberfläche) auf folgende:

Farbcodes für das Video ‘Distribution of space debris in orbit around Earth:

Rot: Satelliten (funktional oder dysfunktional)
Gelb: Raketentrümmer
Grün: Missionsbezogene Objekte (Bedeckung, Adapter, Verschlussteile etc.)
Blau: Bruchstücke

<1m: 5400 Objekte
<10 cm: 34 000 Objekte (darunter fallen nur 2000 aktive Satelliten)
<1cm: 900 000 Objekte
<1mm: 130 000 000 Objekte [8]

Diese vielen kleinen Objekte können enormen Schaden an funktionalen Satelliten anrichten, wodurch die digitale Kommunikation auf der Erde beeinträchtigt werden kann. Denn obwohl der „Körper“ des Satelliten über einen Schutz vor kleinen Trümmern verfügt, werden die Solarpaneele regelmäßig von kleinen, von der Erde aus nicht erfassbaren Teilchen, getroffen. Bereits kleinste Teilchen können eine Geschwindigkeit von 8km pro Sekunde erreichen, wodurch die Kraft des Aufpralls, auch durch ein sehr kleines Objekt, sehr groß sein kann und einen enormen Schaden anrichten kann. So musste z.B. das Space Shuttle bereits mehrfach Reparaturen an diversen Satelliten vornehmen, da diese von menschengemachten Objekten getroffen wurden, welche kleiner als 1mm waren! [9]

Was ein kleines Teilchen im Weltraum für Schaden anrichten kann…

Eine Kollision mit einem 1cm großen Partikel, mit einer Geschwindigkeit von 10km pro Sekunde, löst die selbe Energie aus wie ein Autounfall bei einer Geschwindigkeit von 40km/h! [10]

Autounfall. Scheibensplitter fliegen durch die Luft.

 Es gibt bereits mehrere dokumentierte Vorfälle von Kollisionen zwischen Satelliten und Trümmerteilen. Etwa am 24. Juli.1996, als der französische Cerise Mikrosatellit erstmals von einem Trümmerteil erfasst und beschädigt wurde. Am 10. Februar 2009 war es zum ersten Mal soweit, dass ein amerikanischer Satellit mit der Kosmos 2251, einem inaktiven russischen Militär-Kommunikationssatelliten, in einer Höhe von 760km über Nordsibirien kollidierte und beide Satelliten zerstörte. [11]

Derzeit erfassen nur die USA und Russland Weltraumobjekte und nehmen diese in den regelmäßig erneuerten Katalog für Weltraumobjekte auf. Aber auch Europa diskutiert bereits über ein ‚European Space Surveillance System‘ und ein ‚Space Situation Awareness System’, um Weltraumobjekte zu erfassen. [12]

Kaum jemand von uns kann sich im Jahr 2021 noch vorstellen, keine Verbindung zum Internet zu haben, nicht jederzeit und überall telefonieren und digital kommunizieren zu können. Doch umso mehr Müll wir im Weltraum verursachen, umso höher wird die Wahrscheinlichkeit, dass bestehende, funktionale Satelliten von Trümmern erfasst und beschädigt, wenn nicht sogar zerstört werden. Dies hätte enorme Auswirkungen auf unser bestehendes Kommunikationsnetzwerk und bedarf daher einer dringenden Lösung! Ob Clear Space das letzte Projekt sein wird, welches versucht den Weltraummüll zu entsorgen, ist noch unklar. Doch mit diesem Projekt hat eine wichtige Mission gestartet. Die Mission, den Weltraum von menschengemachtem Müll zu befreien!

Wenn dich das Thema interessiert und du noch mehr darüber erfahren möchtest, klick dich durch meine folgenden Empfehlungen.


Dieses 12-minütige Video kann ich sehr empfehlen, um sich noch einmal einen Überblick über dieses Thema zu verschaffen:

© ESA

Wenn du gerne genauer wissen würdest, wie Satelliten funktionieren, kann ich dir dafür das folgende Video empfehlen:

© ASTRA

Hier findest du auch einen spannenden Beitrag der European Space Agency über die Auswirkungen von Weltalltrümmern.

Viele weitere Informationen über Weltalltrümmer erfährst du hier.


In unseren gemeinsam Daheim Videos auf dem YouTube Kanal von Jugend forscht digital findest du zahlreiche weitere spannende Videos zu Umwelt, Klima und Nachhaltigkeit. Klick dich doch gerne einfach durch!


Flora Retter

Flora Retter ist Sozialarbeiterin, Kindergartenpädagogin und Sozialpädagogin und befindet sich derzeit an der Hochschule für Agrar- und Umweltpädagogik in der Ausbildung zur Umweltpädagogin.


Quellen

[1] Rennert, David [2017]. Sputnik 1. Vor 60 Jahren startete der erste Satellit ins All. https://www.derstandard.at/story/2000065254891/sputnik-1-vor-60-jahren-startete-der-erste-satellit [03.10.2017]

[2] Astronews [2017]. Was ist der Unterschied zwischen Sonden und Satelliten? https://www.astronews.com/frag/antworten/4/frage4412.html [26.04.2017]

[3] ClearSpace today [2021]. Heavy Space traffic ahead. hhttps://clearspace.today/ [2021]

[4] Microsoft Switzerland [2020]. Schweizer Startup ClearSpace erhält von Microsoft Unterstützung, um den Weltraum aufzuräumen https://news.microsoft.com/de-ch/2020/06/22/clearspace-2/ [22.06.2020]

[5] ClearSpace today.[2021] Heavy Space traffic ahead. hhttps://clearspace.today/ [2021]

[6] ESA/Space in Member States/Austria. ESA gibt die weltweit erste Weltraummüllbeseitigung in Auftrag [2019].https://www.esa.int/Space_in_Member_States/Austria/ESA_gibt_die_weltweit_erste_Weltraummuellbeseitigung_in_Auftrag [09.12.2019]

[7] Microsoft Switzerland [2020]. Schweizer Startup ClearSpace erhält von Microsoft Unterstützung, um den Weltraum aufzuräumen https://news.microsoft.com/de-ch/2020/06/22/clearspace-2/ [22.06.2020]

[8] ESA [2019]. Distribution of space debris in orbit around Earth http://www.esa.int/ESA_Multimedia/Videos/2019/02/Distribution_of_space_debris_in_orbit_around_Earth[01.02.2019]

[9] Gregerson, Erik [2020]. Space debris. https://www.britannica.com/technology/space-debris [27.04.2020]

[10] ESA [2021].The impact of space debris.http://www.esa.int/Safety_Security/Space_Debris [24.03.2021]

[11] Gregerson, Erik [2020]. Space debris. https://www.britannica.com/technology/space-debris [27.04.2020]

[12] Klinkrad Heiner, Tremayne-Smith Richard, Alby Fernand, Alwes Detlef [2008]. Europe’s eyes on the skies http://www.esa.int/esapub/bulletin/bulletin133/bul133f_klinkrad.pdf [02.2008]

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