Auch heuer im Dezember flattern wieder die roten Papiersackerl der Aktion Ö3 Wundertüte in unsere Postkästen. Die Ö3 Wundertüte ist ein gemeinsames Projekt von Hitradio Ö3, der Caritas, der Post und Licht ins Dunkel. Portofrei können dabei Handys, die wir nicht mehr benötigen – ob kaputt oder funktionstüchtig –, in der Wundertüte eingeschickt werden, woraus Spendengelder für in Not geratene Familien in Österreich lukriert werden. Soweit so sinnvoll. Aber was passiert denn genau mit den Handys und ist diese Verwertung – abgesehen von den Spenden – nachhaltig?
Das ist der Weg der Ö3 Wundertüte-Handys:
Sortierung
Die eingesendeten Mobiltelefone werden in einem ersten Schritt in Wien im Althandy-Verwertungszentrum der Caritas gesammelt, wo zehn ehemalig langzeitarbeitslose Menschen das ganze Jahr über die Handys auf Herz und Nieren durchprüfen. Dabei werden zuerst jene Handys, die offensichtlich defekt sind, aussortiert und innerhalb der EU einem Recyclingprozess zugeführt und damit umweltgerecht verwertet. Der Anteil dieser Handys beträgt in etwa 20%. Die verbleibenden Geräte werden weiter auf äußerliche Optik, Funktionalität und Reparierbarkeit untersucht, wo weitere 20% ausscheiden und recycelt werden. Die verbleibenden 60% der Althandys werden je nach Zustand klassifiziert und für die Weiterverwendung vorbereitet. [1]
Export
Danach verkauft die Caritas die noch funktionierenden Handys. In der Regel werden diese dann nicht in Österreich aufbereitet und zum Wiedergebrauch angeboten, sondern für bis zu fünf Euro an spezialisierte Unternehmen in Asien weiterverkauft. Die Geräte werden dort überarbeitet, optisch aufgeputzt und anschließend in Ländern des Globalen Südens für ein Vielfaches des Einkaufspreises verkauft. Die wiederaufbereiteten Handys werden somit von Menschen zu im Vergleich zu Neuware günstigen Preisen gekauft und weiter genutzt, wodurch Ressourcen gespart und die Umwelt geschont wird.
Irgendwann findet leider auch das zweite Leben dieser Handys ein Ende, und die Geräte müssen entsorgt werden. Der anschließende Recyclingprozess ist oft allerdings problematisch. Häufig landen unsere ehemaligen Handys auf riesigen Mülldeponien, wo unter katastrophalen menschen- und umweltgefährdenden Bedingungen noch wertvolle Metalle aus den Altgeräten gewonnen werden. Bei der dafür notwendigen Verbrennung entstehen für die Arbeiter*innen giftige Dämpfe und Schadstoffe wie Schwermetalle verseuchen das Grundwasser.
Recycling
Wenn Handys nicht weiterverwendet oder repariert werden können, gelangen sie in ein Recyclingverfahren. Die 50 Cent pro kaputtes Handy, das die Caritas an Recyclingbetriebe in der EU verkauft, werden in Spendengeld für Licht ins Dunkel umgewandelt.
In jedem Handy befinden sich in etwa 50 bis 60 verschiedene Metalle und Halbmetalle [2], von denen viele unter höchst fragwürdigen und unfairen Bedingungen in Ländern des Globalen Südens abgebaut werden. Darüber hinaus ist die Primärgewinnung der Rohstoffe sehr energieintensiv und zerstört ganze Landschaften. Leider sind aber nur wenige der in den Handys enthaltenen Metalle rezyklierbar. Die wichtigsten davon sind Kupfer, Gold, Palladium und Silber sowie Kobalt und Lithium im Akku. Diese Materialien machen zwar lediglich weniger als 15 Gewichtsprozent [3] eines Handys aus, aus sozialer, ökologischer und ökonomischer Sicht ist deren Recycling allerdings enorm wichtig. Denn durch die Wiederverwertung dieser Metalle müssen keine neuen Rohstoffe abgebaut, transportiert und verarbeitet werden. Das spart Kosten, Energie und Abfälle und verringert die sozialen Auswirkungen des Rohstoffabbaus.
Für Smartphones unabdingbare Hochtechnologie-Metalle wie Indium, Tantal oder Seltene Erden können in den Recyclingbetrieben nicht wiedergewonnen werden, denn diese sind im Handy entweder zu verstreut enthalten oder zu komplex verbaut. Würden mehr Handys dem Recyclingprozess zugeführt, könnte die Verwertung dieser Metalle in Zukunft ökonomisch und ökologisch machbar gemacht werden. Denn im Moment sind die dafür notwendigen Recyclingprozesse entweder zu teuer oder würden mehr Energie benötigen als die Materialien neu zu gewinnen. Potential an recycelbaren Mobiltelefonen gäbe es auf jeden Fall genug, denn allein in Österreich schlummern in etwa acht Millionen Handys in den Schubladen, die nicht mehr genutzt und benötigt werden. Recycelt werden in Österreich tatsächlich aber nur etwa 15% der Althandys.
Fazit
Seit 2005 sind mit der Ö3 Wundertüte sechs Millionen Handys gesammelt und in rund neun Millionen Euro Spendengeld transformiert worden. Darüber hinaus leistet die Aktion durch die niedrigschwellige Teilnahme einen großen Beitrag für die Wiederverwendung und Recycling von Althandys, wodurch die Kreislaufwirtschaft befördert wird. Durch den Verkauf der funktionstüchtigen Geräte gibt die Caritas die Verantwortung allerdings ab. Die positiven Aspekte der Ö3 Wundertüte in Europa sind damit abzuwägen, dass relativ intransparent ist, was nach dem Verkauf mit den Handys passiert. Damit dass die Verteilungsunternehmen finanziell am meisten von diesen Strukturen profitieren, und damit dass Handys, die wir nicht mehr brauchen, mit nicht geringer Wahrscheinlichkeit im Globalen Süden auf Mülldeponien landen.
- Selbst Reparieren (Anleitungen findest du z.B. auf ifixit)
- Reparieren lassen (z.B. in Reparaturshops und manchen Verkaufsstellen)
- Anders verwenden (z.B. als Navi oder zum Sport)
- Verkaufen (z.B. auf Gebrauchtplattformen im Internet)
- Verschenken (z.B. an Freund*innen und Familie)
Wenn das Handy defekt und nicht mehr zu reparieren ist, kann es gern in die Ö3 Wundertüte oder an kommunalen Sammelstellen abgegeben werden.
Thomas studierte an der TU Berlin im Master Wirtschaftsingenieurwesen mit Schwerpunkt Energie- und Ressourcenmanagement. Seit 2018 arbeitet Thomas mit Umblick vor allem zu Energie, Mobilität und Abfall. Mehr über Thomas erfährst du hier.